• Mit Farben warnen: Alarmstufe Rot oder alles im grünen Bereich?

    Farben beeinflussen unser Verhalten in nahezu allen Lebensbereichen, ohne dass es uns immer bewusst ist. Ob im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, in öffentlichen Gebäuden und Arealen: Farben leisten einen entscheidenden Beitrag zu unserer Sicherheit und Orientierung. Sie warnen vor Gefahren, geben Regeln vor und leiten uns sicher durch komplexe Umgebungen. Es sind aber nicht nur die Farben selbst, die im Kontext von Gefahr und Sicherheit ihre Wirkung zeigen, sondern häufig auch die Beschichtungssysteme, die in bestimmten Bereichen zum Einsatz kommen und eine wichtige Warn- und Leitfunktion erfüllen.

    Farben mit unterschiedlicher Bedeutung

    Keine Farbe hat eine so intensive Wirkung wie die Farbe Rot. Aufgrund ihrer farbpsychologischen Bedeutung symbolisiert sie unmissverständlich eine Warnung, die wir von Verbots- und Brandschutzzeichen kennen. Es ist nur folgerichtig, dass auch Feuerwehrautos, Krankenwagen und Räumfahrzeuge für den Winterdienst in kräftigen Rot- und Orangetönen mit klarem Signalcharakter lackiert werden. Auch ein starker gelb-schwarz Kontrast erregt höchstmögliche Aufmerksamkeit. Nicht umsonst weist diese Farbkombination auf potenzielle Gefährdungen durch chemische, biologische Stoffe oder radioaktive Strahlung hin. Rettungszeichen hingegen sind grün. Sie versprechen Sicherheit, zum Beispiel bei der Kennzeichnung von Fluchtwegen oder sicheren Sammelpunkten. Die Farbe blau wiederum finden wir auf Gebotszeichen, die Regeln vorgeben und zu einem bestimmten Verhalten auffordern, etwa im Rahmen des Arbeitsschutzes oder im Straßenverkehr. Wie farbpsychologische Erkenntnisse in unseren Alltag einfließen, zeigt sich am Beispiel der Verkehrsampel: Rot steht eindeutig für Gefahr und signalisiert unmissverständlich „Stopp“. Gelb hat eine große Fernwirkung und weckt darüber hinaus unsere Aufmerksamkeit, während von Grün eine beruhigende und entspannende Wirkung ausgeht: Sobald wir grünes Licht sehen, können wir sicher und in aller Ruhe losfahren oder weitergehen.

    Sicherheit auf hoher See

    Rot und Grün spielen neben Gelb auch in der Schifffahrt eine entscheidende Rolle. Die farbige Betonnung der Fahrwasser dient der Navigation auf Sicht und verhindert, dass Schiffe in Untiefen auf Grund laufen. Diese meist aus Stahl gefertigten, bis zu 5.000 Kilogramm schweren Tonnen müssen regelmäßig neu lackiert werden. Aggressives Salzwasser setzt der Beschichtung ebenso zu wie der Bewuchs mit Seepocken, Muscheln und Algen. Allein in der westlichen Nordsee bis zur Elbmündung gibt es um die 600 Seezeichen, die etwa alle drei Jahre gereinigt und neu lackiert müssen - dann halten sie bis zu vierzig Jahren.

    Mit Farbleitsystemen Orientierung schaffen

    Farben sind auch essenziell für gut durchdachte Leitsysteme. Sie tragen wesentlich dazu bei, sich in komplexen Gebäuden und Arealen, etwa Industriegeländen oder Großbaustellen, zurechtzufinden. Es gibt Orte, die ohne solche Orientierungshilfen vollständig kollabieren würden, beispielsweise Flughäfen, Bahnhöfe und Einkaufszentren. Ein stimmiges Farbkonzept ist also ein wichtiger Teil eines effizienten Leitsystems, das Übersicht schafft und die Auffindbarkeit erleichtert. Alle Maßnahmen und Konzepte, die der räumlichen Orientierung von Menschen in einem komplexen Umfeld dienen, werden unter dem Begriff der Signaletik zusammengefasst. Dabei kommt es auf ein Zusammenspiel vieler Faktoren an: Neben gut wahrnehmbaren und verständlichen Hinweisschildern, Piktogrammen und Markierungen wird das Farbkonzept auch in die Architektur integriert. Es grenzt Gebäudebereiche klar voneinander ab und strukturiert Räume. So lassen sich etwa lange Flure durch farbige Akzente gliedern, beispielsweise durch variierende Farben an Wand und Decke und farblich aufeinander abgestimmte Handläufe, Türzargen und -drücker. Nicht zu unterschätzen ist auch der Sicherheitsaspekt von farblichen Leitsystemen: Denn ihre Funktion ist es auch, Flucht- und Rettungswege gut sichtbar zu kennzeichnen. Das stellt spezielle Anforderungen an die Eigenschaften der Farben, denn sie müssen jederzeit deutlich erkennbar sein, auch bei starker Rauchentwicklung durch einen Brand oder in der Dunkelheit.

    Farbtechnologien mit Leuchtkraft

    Wenn es um Sicherheit geht, kommen häufig lumineszierende Farbtechnologien zum Einsatz, die auch unter dem Begriff Leuchtfarben bekannt sind. Der besondere Leuchteffekt beruht auf vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie. Dabei unterscheidet man zwischen phosphoreszierenden und fluoreszierenden Farbsystemen. Phosphoreszierende Farben enthalten Spezialpigmente, die durch UV-Strahlung, Tages- oder Kunstlicht aktiviert werden. Sie besitzen die besondere Eigenschaft, Energie zu speichern und sich mit Licht quasi „aufzuladen“, das sie mit Verzögerungen bis zu mehreren Stunden wieder abgeben. Aus diesem Grund nennt man sie auch Nachtleuchtfarben. Übrigens kennt dieses Prinzip fast jedes Kind: Denn selbstleuchtende Sterne funkeln in vielen Kinderzimmern an der Zimmerdecke. Fluorsezierende Farben - auch allgemein als Neonfarben bekannt - leuchten im Gegensatz dazu im Dunkeln nicht, doch ihre Leuchtkraft wird durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht verstärkt. Sie können Licht intensiver reflektieren.

    „Fluoreszierende Lacke werden überall dort eingesetzt, wo stark leuchtende Farben gefragt sind, wie etwa an Bau- und Gefahrenstellen, bei Forstmarkierungen oder bei Feuerwehrautos und Rettungsfahrzeugen“, so Tobias Hornung, Marketing-Leiter der MOTIP DUPLI GmbH, die lumineszierende Lacke herstellt. „Phosphoreszierende Lacke erfüllen hingegen eine wichtige Funktion, wenn Markierungen auch ohne Lichteinfluss erkennbar sein müssen, etwa bei Rettungswegen, Lichtschaltern oder Treppenstufen in dürftig ausgeleuchteten Räumen.“  Diese Technologie kann unter Umständen lebensrettend sein, weil sie ihre Wirkung auch bei Rauchentwicklung oder einem Stromausfall in Tiefgaragen, Einkaufszentren oder Tunneln entfaltet und auf entsprechenden Markierungen die Fluchtrichtung klar erkennbar vorgibt. Betroffene können sich trotz der bedrohlichen Situation leichter zurechtfinden und in Sicherheit bringen.

    In beiden Farbsystemen werden spezielle Pigmente eingesetzt. Sie sind in eine Matrix aus Bindemittel eingebunden und damit keinen chemischen Veränderungen unterworfen. Die Spezialpigmente enthalten heute kein Phosphor oder andere Giftstoffe mehr. Für alle, die diese Farben in der Praxis anwenden gibt Tobias Hornung einen wichtigen Hinweis: „Eine weiße Grundierung der zu lackierenden Oberfläche ist empfehlenswert, weil so der optische Effekt deutlich verstärkt wird.“

    Anwendung in Not- und Katastrophensituationen – Japan als leuchtendes Vorbild

    Die Wirkung von Leuchtfarben hat sich gerade im Not- und Katastrophenfall bewährt. Die Liste der Einsatzmöglichkeiten in diesem Bereich ist lang: von Kleidungsstücken über Hinweisschilder und  relevante Flächen bis zu diversen Markierungen im Innen- und Außenbereich. Im von Naturkatastrophen häufiger heimgesuchten Japan gibt es auf diesem Gebiet mittlerweile bemerkenswerte innovative Entwicklungen. So hat die japanische Stadt Yamada bereits sämtliche Fluchtwege mit einer speziellen Nachtleuchtfarbe beschichtet, die der Bevölkerung bei einem Erdbeben oder Tsunami auch bei Dunkelheit den Weg weist. Das Besondere daran: Die Farbe speichert mehr als 12 Stunden das Licht, kann auf Betonstrukturen aufgetragen werden und hält darüber hinaus bis zu 15 Jahre lang – auch wenn sie Wind, Wetter und ultraviolettem Licht ausgesetzt ist.


    Vor dem Hintergrund der extremen Wetterereignisse in den vergangenen Monaten dürfte die Entwicklung und der Einsatz von leistungsfähigen Spezialfarben für die gezielte Verwendung im Katastrophenschutz unter anderem auch hierzulande künftig an Bedeutung gewinnen.

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