Früher war zwar mehr Lametta, heißt es bei Loriot, doch für mehr Glanz im weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer sorgen heute lackierte Christbaumkugeln und Kerzen, die feste Bestandteile von farblich abgestimmten Weihnachtsschmuck-Ensembles sind.
Die Weihnachtszeit ist voller Glanz und Lichter. An dieser stimmungsvollen Atmosphäre haben Lacke einen ganz besonderen Anteil. Denn Lacke für Christbaumkugeln und Kerzenlacke machen diese farbenfrohen Momente überhaupt erst möglich. Und in diesem besonderen Markt hat ein deutsches Unternehmen aus Nürnberg weltweit die Nase vorn. Auch in diesem Jahr werden allein in Deutschland wieder über 20 Millionen Weihnachtsbäume aufwändig geschmückt. Da dürfen die klassischen Christbaumkugeln aus lackiertem Glas nicht fehlen, nicht zu reden von den zahllosen Kerzen, deren Licht zur Winterzeit in deutschen Wohnzimmern warme Gemütlichkeit verbreitet.
Wenn die Weihnachtsbäume geschmückt werden, ist für den Hersteller von Christbaumkugel- und Kerzenlacken, die Kaiser Lacke GmbH, die meiste Arbeit für das laufende Jahr bereits erledigt. „Zwischen März und September wollen unsere Kunden für das Weihnachtsgeschäft beliefert werden“, erklärt Walter Kaiser, der das 1932 gegründete Familienunternehmen heute führt. „Im Mai jedes Jahres planen die Hersteller von Christbaumkugeln und Kerzen bereits die Kollektionen für das folgende Jahr.“
Eigentlich müssten in deutschen Kellern unzählige Christbaumkugeln aus den vergangenen Jahren lagern. Doch der Absatz von Christbaumkugeln ist auch in Deutschland nach wie vor stabil. „Neue Trends, Änderungen in der Mode und im Lifestyle, außergewöhnliche Farbtöne und Effektlacke verführen die Verbraucher in der Vorweihnachtszeit immer wieder aufs Neue“, erklärt Kaiser. Hinzu komme, dass China und sogar Teile der islamischen Welt das Weihnachtsfest mit geschmückten Tannenbäumen als Event für sich entdeckt haben.
Rund zwei Gramm dieses besonders transparenten und brillanten Lacks sind für die Lackierung einer Christbaumkugel mit der Standardgröße von sechs Zentimetern Durchmesser notwendig. Bei der Herstellung werden die Glaskugeln im Innern zuerst mit einer hauchdünnen Silbernitratlösung beschichtet. Diese Vorbehandlung verleiht den Kugeln ihren einzigartigen Glanz, bevor dann der farbige Lack im Tauchverfahren aufgebracht wird.
Rot, Silber und Gold stehen auf der Liste der beliebtesten Farben für Christbaumkugeln seit Jahrzehnten ganz oben. In diesem Jahr ist auch Violett stark gefragt. „Allerdings variieren die Farbtonwünsche von Jahr zu Jahr“, so Kaiser. „Je nach Trend und der farblichen Gestaltung von Weihnachtskollektionen insgesamt müssen wir die Farbtöne exakt anpassen. Der Rotton vom letzten Jahr ist heute nicht mehr gefragt.“
Doch es müssen nicht nur die Farbtöne an die Kundenwünsche angepasst werden. Die Lacke müssen auch genau auf die Produktionsanlagen der Hersteller eingestellt sein, um problemlos verarbeitet werden zu können. Das Unternehmen hat es in den vergangenen Jahrzehnten verstanden, sich immer wieder an die sich veränderten Marktbedingungen anzupassen. War der Markt für Christbaumkugeln in Deutschland bis Ende der 80er Jahre noch regional geprägt, so änderte sich dies schon bald nach der Wiedervereinigung.
Die Produktion von Christbaumkugeln und Kerzen verlagerte sich nach Osteuropa, insbesondere nach Polen. Einschneidend war auch die Umsetzung des EU-Verbots der Produktion und des Verkaufs von Glühbirnen ab 2013, die das Ende der automatisierten Produktion von Christbaumkugeln aus Glas in Europa einläutete. Zuvor hatten die Hersteller von Glühbirnen ihre Anlagen auch für die Produktion der für Weihnachten bestimmten Glaskugeln eingesetzt. Ein Grund mehr, warum China in den letzten Jahren zum größten Produzenten von Christbaumkugeln aufsteigen konnte.
Natürlich gibt es neben der automatisierten Produktion heute weiterhin traditionelle Glasbläser, die individuelle Christbaumkugeln herstellen und lackieren und regionale Märkte bedienen. Dies gilt insbesondere für Thüringen, wo traditionell Weihnachtsschmuck in Handarbeit hergestellt wird.
Auch auf dem Feld Kerzenlacke ist Kaiser aktiv, wo die Hersteller ebenfalls hauptsächlich in Osteuropa und China vertreten sind. „Um mit unseren Spezialitäten auf dem Markt bestehen und erfolgreich sein zu können, war es notwendig, dorthin zu gehen, wo unsere Kunden sind,“ so Kaiser weiter. „Aus diesem Grund haben wir schon 2003 eine Produktion in Shanghai aufgebaut. Zwar sind Kerzenlacke auch ein Nischenmarkt, doch hier geben wir in Sachen Innovation, Service und Qualität weltweit die Schlagzahl vor“, erklärt Kaiser selbstbewusst. In den Laboren von Kaiser wird permanent an neuen Lackqualitäten und -effekten für die Beschichtung von Kerzen gearbeitet.
Die Gestaltung von Kerzen orientiert sich noch stärker an Home- und Lifestyle-Produkten. Schließlich sind Kerzen das ganze Jahr über gefragt. Und laut der European Candle Association boomt der Kerzenabsatz seit Jahren. So ist Dänemark aktuell Europameister im Kerzenverbrauch mit rund 4,3 Kilogramm pro Kopf jährlich. Auch die Deutschen liegen mit 2,6 Kilo pro Jahr weit über dem EU-Durchschnitt. Daran hat bislang auch der steigende Absatz von LED-Kerzen nichts geändert.
Das Unternehmen will auch zukünftig seine führende Position in den Segmenten Christbaumkugel- und Kerzenlacke behaupten. Deshalb nimmt man bei Kaiser die Digitalisierung als nächste Herausforderung ernst. So hat das Unternehmen auch eine App entwickelt, um das Abbrennverhalten von lackierten Kerzen digital zu dokumentieren und dann mit den Kunden das optimale Zusammenspiel von Wachs, Docht und Lack herauszufinden. „Schließlich wollen die Verbraucher keine rußenden, tropfenden oder flackernden Kerzen“, erklärt Stephan Ryll, Business Development Manager bei Kaiser Lacke. „Da die Inhaltsstoffe in Kerzen mitunter sehr unterschiedlich sind, müssen wir unsere Lacke genau darauf abstimmen. Seit 2016 gibt es sogar eine entsprechende EU-Richtlinie, in der unter anderem genau festgelegt ist, welche Höhe eine Kerzenflamme erreichen darf, dass die Kerze während des Abbrennens stabil bleiben muss und wie viel Ruß sie maximal emittieren darf. Denn auch am Weihnachtsbaum gilt trotz aller Stimmung immer: Sicherheit geht vor.