Statt hässlicher Schmutzstreifen an Vorsprüngen und Simsen immer eine saubere Fassade, die sich selbst reinigt: Das wünscht sich jeder Hausbesitzer. Mit Hilfe des so genannten Lotos-Effekts haben die Farbenentwickler eine Fassadenbeschichtung, die sich bei Regen selbst reinigt, möglich gemacht.
Das Prinzip ist dabei aus der Natur in die technische Welt übersetzt worden: Die Blätter der Lotosblume, einer Wasserpflanze, sind so flüssigkeitsabweisend, dass Wasser einfach an ihnen abperlt und dabei gleichzeitig Schmutzpartikel mitreißt. Prof. Dr. Wilhelm Barthlott vom Botanischen Institut der Universität Bonn spürte dem Phänomen der stets sauberen und trockenen Lotosblätter nach. Er entdeckte unter dem Rasterelektronenmikroskop ihre ganz besondere Struktur. In 10 bis 25 Mikrometern Abstand stehen auf der Oberfläche des Blattes unzählige Noppen von 5 bis 20 Mikrometern Höhe, die wiederum winzige Wachskristalle tragen. Diese Kombination aus Mikrostruktur und extremer Wasserabweisung führt dazu, dass Wassertropfen das Blatt nicht benetzen können. Sie laufen als kugelförmige Tropfen ab und reißen dabei lose auf dem Blatt liegende Schmutzpartikel mit. Für die Pflanze hat dies zudem den Vorteil, dass sich keine Pilze oder andere schädliche Organismen auf den Blättern ansammeln können, die ihr schaden könnten.
Genau dieses Prinzip ließ sich auch in die Welt der Beschichtungen übertragen. Dies gelang mit einer Kombination aus extrem wasserabweisenden Rohstoffen und anorganischen, nanoskaligen Füllstoffen. Bei der Trocknung der Farbe ordnen sich diese feinstteiligen Partikel zwischen und auf den gröberen Füllstoffpartikeln an. Damit bildet sich jene Struktur aus, die zusammen mit der wasserabweisenden Anordnung der Bindemittel die mögliche Kontaktfläche für Wasser und Schmutz um mehr als 90 Prozent reduziert. Wassertropfen laufen dann an senkrechten Flächen einfach ab und reißen die Schmutzpartikel mit. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Fassaden-Beschichtungen und Fassaden-Deckputze, die mit dem Lotos-Effekt ausgestattet sind.