• Weihnachtliche Klangfarben für Orgel und Blechbläser

    Ob von Bach, Händel, Monteverdi oder Telemann – im Advent und zu Weihnachten hat festliche Musik Hochkonjunktur. Neben der Orgel, der Königin der Instrumente, spielen auch Blechblasinstrumente wie Trompete, Posaune und Horn bei weihnachtlichen Werken eine entscheidende Rolle. Dabei leisten auch spezielle Lacke einen wichtigen Beitrag, um den Instrumenten perfekte Töne zu entlocken und ihre edle Optik zu bewahren.

    Orgelgehäuse in edlem Glanz

    Die Orgel ist komplex aufgebaut. Dabei zählt Holz im Orgelbau zu den wichtigsten Werkstoffen, es wird unter anderem für Gehäuse, Pfeifen, Spieltisch und Windladen verwendet. Gerade bei älteren Instrumenten leiden im Lauf der Zeit das Material und das Aussehen der hölzernen Bestandteile – dann ist eine Auffrischung dringend notwendig. Orgelbestandteile aus Holz müssen in solchen Fällen von möglichen alten Beschichtungen befreit und gereinigt werden. Um einem hölzernen Orgelgehäuse neue Frische und Beständigkeit zu verleihen, setzen Orgelbauer und Restaurateure etwa Schellack ein. Die aus Schildläusen gewonnene harzige Substanz hat bei der Veredlung von Musikinstrumenten eine lange Tradition, weil sie Hölzern einen schönen Glanz verleiht und außerdem die Oberfläche vor Feuchtigkeit und Verschmutzung schützt.

    Ein prominentes Beispiel ist die Restaurierung der fast 120 Jahre alten  Sauer-Orgel des Berliner Doms. Dabei verwendeten die Restaurateure für die äußeren Bauteile Schellack, der hauchdünn aufgetragen wurde. Neben dem natürlichen Produkt gibt es auch synthetisch hergestellte Beschichtungen, die Schellack enthalten und  für Orgelbau und Restaurierungen eingesetzt werden.

    Orgelpfeifen mit optischem Pfiff

    Zentraler Bestandteil einer jeden Orgel sind die Pfeifen. Sie werden nicht nur aus Holz, sondern häufig auch aus Metall angefertigt. Dabei handelt es sich meistens um eine Zinn-Legierung. Je höher der Zinnanteil ist, umso härter und silbriger sind die Pfeifen. Auch bei diesen Elementen sorgt eine Lackierung für eine schöne Optik und höhere Beständigkeit des Materials. Denn das Metall braucht auch einen Korrosionsschutz. Die Oberflächen von Orgelpfeifen aus Metall werden schon seit Jahrhunderten behandelt, zum Beispiel mit Gold- und Silberlacken. Teilweise verzierten Erbauer sie zusätzlich mit verspielten Ornamenten.

    Seit mehr als 20 Jahren ist Michael Fichtner aus dem sächsischen Oschatz auf die Lackierung von Orgeln und anderen hochwertigen Instrumenten spezialisiert. Der erfahrene Lackierermeister sorgt gemeinsam mit Orgelbauern dafür, dass die hochwertigen Instrumente eine lange Lebensdauer haben. „Bei der Restaurierung von Orgeln geht es darum, den Zustand eines historischen   Instruments zu erhalten. Bei einer neuen Konstruktion soll ein Instrument so gestaltet werden, dass sich sein Aussehen perfekt in seine Umgebung einfügt – etwa in einer modernen Kirche oder einem Konzertsaal“, berichtet Michael Fichtner. Häufig wünschen seine Auftraggeber, die Oberfläche der Pfeifen in einem schönen matten Glanzgrad zu gestalten. Bevorzugt werden dabei vielfach silbrige, silber-graue und bronzene Farbtöne.

    Im Spritzverfahren zum optimalen Ergebnis

    Schon häufig hat der erfahrene Lackierermeister die Oberfläche von Orgelpfeifen behandelt – eine mitunter sehr aufwändige und filigrane Arbeit, die enormes Fingerspitzengefühl erfordert. Sollten die Pfeifen bereits eine alte Beschichtung haben, hilft bei der Restaurierung nur, die vorhandenen Lackschichten vorsichtig zu entfernen. „Der Prozess der Lackierung kann durchaus sehr mühevoll und langwierig sein. In vielen Fällen sind auch mehrere Tests für die Lackierung und das Spritzverfahren notwendig, um genau den Farbton zu treffen, der auch hundertprozentig den Wünschen der Kunden entspricht“, weiß der Lackprofi aus seiner Praxis.

    Die Pfeifen werden dabei mit Nasslack im Spritzverfahren behandelt, Ein- oder Zwei-Komponenten- Lacke kommen dabei zum Einsatz. Das gewährleistet eine feine und gleichmäßige Verteilung des Lacks auf der Oberfläche. Zunächst wird die farbgebende Beschichtung aufgetragen, die abschließend mit einem Klarlack versehen werden kann. Wesentlich ist allerdings, dass die applizierte Schicht hauchdünn ist – maximal zwischen 25 und 45 Mikrometer. Sollte sie zu dick aufgetragen sein, wirkt sich das auf die Klangeigenschaften der Orgel  aus – die Töne könnten gedämpft werden und nicht ihre volle akustische Wirkung entfalten.

    Übrigens kommt es schon mal vor, dass für ältere Orgelpfeifen aus Zink, das früher noch häufig verwendet wurde, ein KFZ-Lack auf Wasserbasis für die Beschichtung eingesetzt wird. Der Grund: Diese Lacksysteme sind besonders widerstandsfähig, aber dennoch elastisch. So bleibt der Lack intakt, z. B. wenn die Orgelpfeifen für die Restaurierung über eine längere Strecke transportiert werden müssen.

    Unterschiedliche Klangfarben durch Beschichtungen

    Das wohl berühmteste und zur Advents- und Weihnachtszeit am häufigsten gespielte Stück ist das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Neben Orgel, Chor und Streichern spielen hier Bläser eine wichtige Rolle. Auch bei ihnen sorgt die Beschichtung neben strahlendem Glanz für den guten Ton. Die meisten Blechblasinstrumente sind aus einem wichtigen Grund beschichtet. Denn rohes Blech, meist handelt es sich bei dem Korpus um eine Messinglegierung, verändert sich unter dem Einfluss verschiedener Umwelteinflüsse, wie dem Schweiß an den Händen der Musiker, der Feuchtigkeit in der Raumluft und nicht zuletzt dem Speichel der Spieler. Ohne Schutz läuft das Blech an und bildet eine Patina – Musiker sprechen dann von den berühmten „grünen Fingern“. Zudem bezeichnen manche Bläser den Geruch des Instruments als „blechig“ und weisen darauf hin, dass unbehandelte Trompeten oder Posaunen in kleinen Räumen schnell einen unangenehmen Geruch verbreiten können.

    Die Vorteile einer Beschichtung liegen auf der Hand. Sie schützen das Instrument vor Staub, Feuchtigkeit und Sauerstoff und verhindern so Korrosion. Und der Spieler muss sein Instrument nicht so oft putzen. Dabei sind der Lackierung von Blechblasinstrumenten keine Grenzen gesetzt. Zwar strahlen die meisten dieser Instrumente silbern oder golden, aber prinzipiell sind auch farbige Lackierungen möglich. Meist sind sie mit einem Klar- oder samtigen Mattlack beschichtet, der den glänzenden Metallcharakter hervorhebt. Die Klarlackschicht auf einer Trompete ist wesentlich dünner als beispielsweise auf einem Auto, wo die Schichtdicke bereits weniger als Haaresbreite misst. Denn je dünner die Lackschicht ist, desto weniger beeinflusst sie das Schwingungsverhalten des Instruments. Es werden jedoch auch Epoxidharzlacke eingesetzt, Kunstharzlacke, die hauchdünn aufgetragen bei einer Temperatur von rund 160 Grad Celsius getrocknet beziehungsweise eingebrannt werden. Dieses Verfahren macht die Beschichtung härter und robuster und das Instrument damit unempfindlicher und haltbarer.

    Trompeten werden versilbert

    Neben der Lackierung gehört die Versilberung zu den häufigsten Oberflächenveredelungen einer Trompete. Mittels Galvanisierung wird dabei eine hauchdünne Silberschicht in einer Stärke von 25 bis 30 Mikrometer aufgetragen. Dabei wird elektrischer Strom durch ein elektrolytisches Bad geleitet, so dass sich Silberionen auf der metallischen Oberfläche des Instruments abscheiden. Diese hauchdünne Silberschicht summiert sich auf einer Trompete immerhin zu einem Mehrgewicht von etwa 25 bis 30 Gramm. Für Liebhaber, die keine Kosten scheuen, kommt zusätzlich auch eine Vergoldung in Frage. Damit sich die nur zwei bis drei Mikrometer dünne Goldschicht beim Spielen nicht sofort abreibt, muss das Instrument vorher jedoch versilbert sein.

    Vieldiskutiert ist die Frage, ob sich Beschichtungen von Blechblasinstrumenten auf den Klang auswirken. Auch wenn es sich bei der Bewertung von Trompetenklängen um höchst subjektive Einschätzungen handelt, schwören manche, insbesondere Jazz-Musiker, auf den eher harten und schrilleren Klang eines unlackierten oder vergoldeten Instruments, während andere den weicheren, volleren Ton lackierter oder versilberter Instrumente bevorzugen.

    Gleitbeschichtungen für Ventile und Züge

    Trompeter regulieren die Tonhöhen mit Hilfe von Ventilen, während Posaunisten sie über den für das Instrument typischen so genannten Zug verändern können, der für ein perfektes Spiel so leicht wie möglich gleiten muss. Für ein reibungsloses Funktionieren wird in beiden Fällen ein Gleitmittel benötigt. Dies bestand in der Vergangenheit meist auf der Basis von Fetten, Ölen oder Silikon. Ihre Verwendung bescherte den Musikerinnen und Musikern regelmäßig eine sorgfältige Reinigung der Ventile und Züge. Mittlerweile gibt es auch für diesen Zweck Spezialbeschichtungen, die das aufwendige Reinigen und Nachfetten überflüssig machen. Sie werden einfach aufgesprüht und nach dem Aushärten mit Wasser benetzt. Das soll den Bläserinnen und Bläsern immerhin ein paar Wochen sanftes Gleiten von Ventilen und Zügen sowie minimalen Reinigungsaufwand verschaffen.

    Weihnachtskonzerte ohne Infektionsgefahr

    Um die Gesundheit besorgte Musikliebhaber fragen sich in diesen Corona-Zeiten, ob Weihnachtskonzerte mit Chören und Blasinstrumenten nicht wahre Virenschleudern sind und deshalb gemieden werden sollten. Hier  können die Wissenschaftler des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Entwarnung geben. In einer Studie, die im Oktober im Journal of Aerosol Science erschienen ist, hat das Forschungsteam 20 verschiedene Blasinstrumente auf ihren Aerosol-Ausstoß getestet. Überraschend ist, dass trotz größeren Ausstoßes insbesondere Blasinstrumente weniger riskant in Bezug auf die Virenverteilung sind als Sprechen oder Singen. Laut Studienergebnis ist das Ansteckungsrisiko bei Weihnachtskonzerten bei Einhaltung von Schutzmaßnahmen insgesamt äußerst gering. Das ist eine gute Nachricht, denn gerade in diesen bewegten Zeiten kann der Musikgenuss auf Weihnachtskonzerten ein Stück Lebensfreude vermitteln.

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