Die Kölner Severinsbrücke ist eine imposante Schrägseilbrücke mit einer Gesamtlänge von 691 Metern und 29,5 Metern Breite. Der Dreieckspylon, an dem der Brückenkörper mit zwölf Stahlseilen aufgehängt ist, ragt über 77 Meter in die Höhe. 8.300 Tonnen Stahl wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in der preisgekrönten Brücke verbaut. In drei Jahren Bauzeit verschlang der Neubau die damals astronomische Summe von 23,5 Millionen DM. Gut zwanzig Jahre nach der letzten Sanierung wird die Korrosionsschutz-Beschichtung am Pylon und den Trägerseilen jetzt komplett erneuert – ein Projekt mit enormen technischen Herausforderungen, das 2013 abgeschlossen wurde.
Die letzten Korrosionsschutzmaßnahmen waren 1988 an der Unterseite der Brücke, dem Pylon und den Trägerseilen durchgeführt worden. Obwohl keine erkennbaren Schäden vorlagen, war es 2010 an der Zeit für eine neue Schutzschicht. Doch auch im Korrosionsschutz gilt: Bevor eine neue Lackschicht aufgebracht werden kann, muss die alte entfernt werden. Dazu geht man der Severinsbrücke mit hochleistungsfähigen Druckluftstrahlern ans Werk, die die Arbeiter von fahrbaren, staubdichten Kabinen aus bedienen. Das abgetragene Material wird im gleichen Arbeitsgang abgesaugt und kann dann sicher entsorgt werden. An den Tragseilen, den sogenannten Kabeln, muss zusätzlich der Kitt zwischen den einzelnen Stahlseilen mit Spezialwerkzeugen entfernt und anschließend bis in kleinsten Hohlräume hinein erneuert werden – nur so ist gewährleistet, dass die tragenden Seile auch im Inneren zuverlässig vor Feuchtigkeit und Korrosion geschützt sind.
Anschließend wird der neue Korrosionsschutz aufgebracht: Dieser besteht am Pylon aus einer Grundbeschichtung von 70 µm Zinkfarbe, einem Kantenschutz aus Zinkphosphat und einer Zwischenbeschichtung mit Eisenglimmer.
Auf die Trägerseile, die heute weitaus höheren Verkehrs- und Umweltbelastungen ausgesetzt sind als noch vor zwanzig Jahren, werden jeweils doppelte bis dreifache Grund- und Zwischenbeschichtungen aus speziellen Stahlschutzlacken aufgebracht. Alle Bauteile erhalten schließlich eine einheitliche Deckbeschichtung im Farbton „Kölner Brückengrün“. Diese für die Kölner Rheinbrücken typische Korrosionsschutzfarbe, deren Pigmente als besonders licht- und wetterbeständig gelten, wurde bereits in den 1920er Jahren entwickelt – auf besonderen Farbwunsch des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer. Aus der Größe des Bauwerks und der Komplexität des Beschichtungsaufbaus ergeben sich enorme Gesamtflächen, die zu beschichten sind: 16.000 Quadratmeter am Pylon und 2.000 Quadratmeter an den Stahlseilen, die bis zu 200 Meter lang und unterschiedlich dick sind.
Um den Pylon und die zwölf schräg laufenden Trägerseile in einer Höhe von bis zu 77 Metern so schnell und sicher wie möglich bearbeiten zu können, waren umfangreiche Planungen und eine ausgeklügelte Baustelleneinrichtung erforderlich. Für die Arbeiten am Pylon musste ein Tragegerüst als Arbeitsplattform über den kompletten Fahrbahnbereich sowie den Geh- und Radwegen errichtet werden. Gut zehn Meter über der gesamten Fahrbahnfläche schwebte eine über 1.000 Quadratmeter große Plattform. Sie diente als Basis für alle Arbeiten und schützte Autofahrer, Straßenbahnen und Fußgänger. Auf und an dieser Fläche zog sich ein schräges Gerüst mit einer staubdichten Plane bis zur Spitze des Pylons. Ein Aufzug brachte Arbeiter und Material gen Himmel. Von dort aus arbeiteten sich die Teams in Spezialkabinen von oben nach unten vor – sowohl beim Abstrahlen als auch beim Aufbringen der neuen Beschichtung. So konnten die Versorgungsleitungen beim Herunterfahren zurückgebaut werden, wodurch erheblich Zeit eingespart wurde. Gleichzeitig vermied diese Vorgehensweise, dass die neuen Korrosionsschutzschichten nach dem Aufbringen noch einmal überfahren werden mussten und dadurch eventuell hätten Schaden nehmen können.
Die Kabel wurden von drei, den unterschiedlichen Neigungen der Kabel angepassten, fest umschlossenen Arbeitsbühnen mit einer Länge von je sechs Metern aus bearbeitet. Von dort aus kamen speziell entwickelte Kabelbefahranlagen zum Einsatz, mit denen die Korrosionsschutz-Fachkräfte wie in einer Seilbahn an den Trägerseilen entlangfuhren, um jeden noch so entlegenen Bereich erreichen zu können. Die unteren Bereiche der Kabel bis circa zehn Meter über dem Brückendeck wurden von Standgerüsten aus bearbeitet. Dieser ausgefeilten Baustellenlogistik war es zu verdanken, dass die Arbeiten innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden konnten und sich die Einschränkungen für den Verkehr in Grenzen hielten. Der Aufwand dieser Baumaßnahme erscheint hoch, doch das Ergebnis rechtfertigt den Einsatz: Denn die Severinsbrücke ist ein wertvolles Bauwerk und unverzichtbarer Bestandteil der Kölner Infrastruktur wieder für Jahrzehnte vor Korrosion geschützt.